Archiv des Tags ‘Feminismus’

31. Mai 2010

Sehr geehrter Herr Hollstein

In letzter Zeit erfreuen Sie uns auf Schritt und Tritt mit Ihren Hasstiraden gegen den Feminismus, so auch im Bund von heute, dem 31. Mai 2010. Sie dürfen ja Ihre Meinung kundtun, wo und wie Sie wollen, aber dann lassen Sie doch bitte den Titel “Professor” weg, denn was Sie im genannten Artikel und anderen Medienbeiträgen liefern, hat mit Wissenschaft nicht viel zu tun: Sie stellen Behauptungen in den Raum, ohne diese auch nur ansatzweise zu belegen (es sei denn, die repräsentative Untersuchung, mangels Titel nicht auffindbar, sei ein Beleg). Haben Sie sich schon mal überlegt, dass es auch an der Armee liegen könnte, dass immer weniger Schweizer Lust haben, dieser “Männerschmiede” ihre Zeit zu opfern? Und ist Ihnen nicht aufgefallen, dass es schon immer Männer gegeben hat, die das warme Elternnest nicht verlassen wollten? Wovor hatten denn diese Angst, dass sie sich nicht in die noch heile Welt hinaustrauten?
Wer sich einigermassen seriös mit dem Feminismus befasst, weiss, dass dieser mitnichten die Männer zu Sündenböcken für alle Übel dieser Welt macht, wie Sie es darstellen. Es mag vielleicht vereinzelte Feministinnen geben, die dies tun, genauso wie es “Männerforscher” wie Sie gibt, die dem Feminismus die Schuld für alles Böse in die Schuhe schieben. Trotzdem haben diese mit den Kernaussagen des Feminismus genauso wenig zu tun wie Sie mit seriöser Männerforschung.

11. März 2010

NZW - Neue Zürcher Weltwoche

Da scheint ja die NZZ tatsächlich ein Identitätsproblem zu haben, publiziert sie doch die schriftliche Fassung eines Vortrags von Gerhard Amendt, eines emeritierten Professoren, der mit seinen unfundierten Rundumschlägen gegenüber Frauen und Feminismus (z.B. in seinem Welt-Plädoyer gegen die Frauenhäuser) der Weltwoche alle Ehren machen würden. Vermutlich bemerkt er nicht, dass er genau das tut, was er dem Feminismus vorwirft: dieser soll Männer zu Tätern, Frauen zu Opfern erklären. Er aber suhlt sich über den ganzen Text in der Rolle des vom Feminismus diskriminierten Opfers. Dabei versteht er weder die Gender Studies (die herzlich wenig mit Opfern und Tätern, vielmehr aber mit Rollenerwartungen und Freiheit davon zu tun haben) noch die Rolle der Motiviation bei der Arbeitszufriedenheit. So sollen sich Männer allein aufgrund des Wunsches, Frau und Kinder zu versorgen, engagieren in der Erwerbsarbeit. Nun verkennt er aber, dass intrinsische Motivation (z.B. Interesse für den Arbeitsinhalt oder das Gefühl, mit der Arbeit selber etwas Sinnvolles zu tun) tendenziell mehr zur Arbeitszufriedenheit beiträgt und entsprechend zu besserer Leistung anspornt als extrinsische Motivation (Geld verdienen fürs Kind, Frau oder Hobby). Es ist enttäuschend, dass sich die NZZ einem offensichtlich gekränkten und frustrierten, nicht sehr wissenschaftlich arbeitenden ehemaligen Professoren als Plattform zur Verfügung stellt. Sie soll sich doch bitte in Zukunft wieder gut recherchierten und belegten Beiträgen verschreiben und ideologische Abrechnungen der Weltwoche überlassen.

3. Februar 2008

Vom Kampf gegen Windmühlen

Manchmal komme ich mir vor wie eine alte verbitterte Frau, aber das war auch schon so, als ich noch ein Kind war. Es ist ja auch nichts falsch daran, eine alte Frau zu sein, nur am “verbittert” sollte ich noch arbeiten… Jedenfalls habe ich eine grenzenlose Fähigkeit mich aufzuregen: Ich rege mich auf über die Gratiszeitung .ch, die gegen alle unsere Aufforderungen, dies zu unterlassen, jeden Morgen bei uns im Eingang auf den Boden geschmissen wird. Ich rege mich auf über rücksichtslose AutofahrerInnen, die mir als Velofahrerin regelmässig den Angstschweiss ausbrechen lassen. Ich rege mich auf über die Offroader, die blitzblank geputzt eine einzelne Person durch die Stadt zur Arbeit fahren, ohne je eine Schotterpiste von Nahem gesehen zu haben. Ich rege mich auf über all die PolitikerInnen, die die Bevölkerung weder bevormunden noch in ihrer persönlichen Freiheit die Luft zu verpesten einschränken wollen, da die Klimakatastrophe ja eh übertrieben werde, wenn nicht gar eine Erfindung sei.

Und ganz besonders rege ich mich auf, wenn ich im Alltag und in den Medien Tag für Tag mit überholten, ungerechten und einengenden Geschlechterbildern und mit Diskriminierung konfrontiert werde, mich gleichzeitig aber immer wieder für meinen Feminismus rechtfertigen muss. Nein, ich mag Männer, ich habe auch noch nie einen Mann mit Tomaten oder faulen Eiern beworfen und ich lasse mir durchaus auch mal eine Tür aufhalten, aber ich will mich nicht damit abfinden, dass Frauen immer noch hauptsächlich über Aussehen, Sexualität und Mutterschaft definiert werden. Zwei Beispiele gefällig?

Richard Blackwell veröffentlicht alljährlich seine Liste der unmodischsten Frauen, und anstatt dass frau und man sich fragen würde, mit welchem Recht er diese Frauen so taxiert, wird bei gmx genüsslich darüber Bericht erstattet und nicht gegeizt mit wenig schmeichelhaften Attributen für diese weiblichen Promis. Für die Weltwoche sind nicht fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten u.ä. der Grund dafür, dass es zu wenig Frauen in Spitzenpositionen gibt, nein, die Frauen sind selber schuld, müssten sie doch nur ihre weiblichen Fähigkeiten besser einsetzen, sprich: sich hochschlafen.

Und da soll ich mich nicht aufregen??? In die Welt hinausschreien möchte ich all diese Fehlleistungen und Fehleinschätzungen unserer Gesellschaft, auf dass alle hinhören und wir gemeinsam daran gehen können, sie aus der Welt zu schaffen. Ich weiss, ich kämpfe gegen Windmühlen an, aber das ist immer noch besser als mich von meiner wütenden Energie von innen auffressen zu lassen. Und wer sagt denn, dass sich Windmühlen nicht eines Tages besiegen lassen?